Von den Anfängen der Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau von Werfenweng gibt es keine durch historische Quellen belegte Nachrichten. Doch Pater Virgil Waß hat in seiner 1916 verfassten Werfenwenger Wallfahrtsgeschichte einige Legenden zusammengetragen, die uns vom Ursprung der Wallfahrt erzählen.
Frommen Hirten erschien eines Tages Maria, in einem Lärchenbaum sitzend; sie forderte die Hirten auf, ihr eine Kapelle zu errichten. Man suchte nach einem passenden Platz der Umgebung, von dem aus sich freier Ausblick ins Salzachtal bietet. Die Bäume waren bald gefällt, und die Zimmerleute hatten sie auszuhacken und herzurichten begonnen. Einer von ihnen verwundete sich dabei, und sein Blut benetzte am Boden liegende Holzsplitter. Am nächsten Tag fand man zwar die behauenen Stämme, aber keine Holzsplitter mehr vor. Obwohl die blutigen Splitter wenig später talwärts an der Stelle der heutigen Kirche entdeckt wurden, wollte man das Vorhaben, die Kapelle auf dem Gschwandtanger zu bauen, nicht aufgeben. Erst als sich der Vorfall mehrmals wiederholte und die Holzsplitter immer wieder über Nacht an dieselbe Stelle gelangten, erkannte man, dass die Mutter Gottes ihre Kapelle nicht an der Gschwandt, sondern im Wenger Tal haben wollte; nun wurde ihr dort das Kirchlein gebaut.
Eine andere Wendung der Legende führt den Ursprung der Wallfahrt auf eine Wunder wirkende Quelle zurück. Noch heute steht, etwa hundert Meter von der Kirche entfernt, ein altes, aus behauenem Tuff gemauertes Bildstöckl; einige Schritte weiter entspringt eine kleine Quelle. Hirten beobachteten dort Maria, als sie Jesu Windeln im Wasser wusch. Die Quelle, die auch in trockensten Zeiten nie versiegte, wird von Wallfahrern bis zur heutigen Zeit gerne besucht; ihr Wasser wendet man besonders gegen Augenkrankheiten an.
Noch eine dritte Legende berichtet von den Anfängen der Wallfahrt. Einem Mann, der von schwerem Leiden heimgesucht war, erschien im Traum die Mutter Gottes. Maria bat ihn, einen größeren Stein aus dem Wenger Bach auf einen Wagen zu laden und damit so weit zu fahren, bis der Stein von selbst vom Wagen fallen würde. Wo heute die Kirche steht, stürzte der Stein herab. So oft man ihn auch verrücken wollte, der Stein verharrte stets an derselben Stelle. Auch konnte er unmöglich in den Bau eingefügt werden, eine Tatsache, die 1614 von den Visitatoren Gentilotti und Gichtl sorgfältig untersucht wurde. Lange Zeit bewahrte man diesen Stein, eine gelbliche Kalkschieferplatte in Trapezform, in der Kirche auf; heute liegt er, nicht weit entfernt, vor dem steinernen Marterl nahe der Kirche.
Nach der großen Pestepidemie des Spätmittelalters war das Wenger Tal nur spärlich besiedelt. Vielleicht hat sich in der verlassenen Gegend schon damals eine Kapelle befunden, die nun zum Ziel erster Wallfahrer wurde. 1450, so erwähnt Virgil Waß, belegen Urkunden die Existenz eines Gnadenbildes im Wenger Hochtal. Gewiß wurde diese Mariendarstellung in einer Kapelle verehrt. Im Jahr 1509 erbaute man, als „Frauenkirche infolge wunderbarer Erscheinungen“, die erste eigentliche Kirche von Werfenweng. Ihre Ausmaße dürften sich mit jenen des heutigen Presbyteriums gedeckt haben; die Betreuung besorgte man von Pfarrwerfen aus. Besonders in Zeiten von Not, Elend und äußerer Bedrohung werden viele Wallfahrer nach Werfenweng gekommen sein. So 1635 und 1710, als Werfen und Umgebung neuerlich vom schwarzen Tod, der Pest, betroffen waren; 1693, als eine Heuschreckenplage große Teile der Ernte verwüstet hatte und dadurch eine Teuerungswelle ausgelöst wurde; zur Zeit der Viehseuche von 1742/43 oder 1809, als am Paß Lueg Gefechte der Napoleonischen Kriege tobten.
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